Riesenmaschine

09.11.2005 | 06:29 | Vermutungen über die Welt

Geist und Materie


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
In unserer gründlich durchrationalisierten Gesellschaft wird oft vergessen, dass Vernunft und blinder Glaube nicht etwa zerstritten sind und kein Wort miteinander wechseln, sondern im Gegenteil regelmässig durchaus gelungene Abende zusammen verbringen. So beruht jedes noch so logische und durchdachte Gedankengebäude, zum Beispiel die modernen Naturwissenschaften oder die Funktionsweise der Brotschneidemaschine, auf irgendeinem total willkürlichen, unbeweisbaren Glaubenssatz, und sei es nur die Gewissheit, dass da draussen auf der Aussenseite des Kopfes irgendwas existiert, auch ganz ohne halluzinogene Drogen. In diesem Zusammenhang ist es vielleicht erwähnenswert, dass Kopernikus, oft als Vater der neuzeitlichen, rationalen Welterkenntnis gefeiert und vor einer Woche vermutlich exhumiert, eine abenteuerliche heliozentrische Theorie ins Leben stiess, die, verglichen mit der Realität, auch nicht besser dastand als der ebenso abenteuerliche geozentrische Quatsch. Kopernikus war nicht vernünftiger und intelligenter als der verblendete Rest, er war nur anders verwirrt.

Umgekehrt ist es aber auch so, dass Dinge, die von Grund auf vernünftig und klug erscheinen, plötzlich über sich hinaus weisen, eine transzendentale, metaphysische Ebene entwickeln. So hat die oben abgebildete kanadische Mülltonne vor kurzem eine Religion gegründet, deren Dreh- und Angelpunkt der unerschütterliche Glauben an die sogenannte (hier auch schon vorgestellte) Megabin ist – ein zumindest für die Mülltonne selbst unbeweisbares Gedankenkonstrukt, in das der Benutzer seinen Müll stattdessen werfen soll. Und so werden wir alle an irgendeinem Punkt zu Fundamentalisten, Kopernikus glaubt an die Sonne, andere an Megabin, und wieder andere an die Worte der Riesenmaschine.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


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"Calvary", John Michael McDonagh (2014)

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